Weinstadt – Nizza
Tipp: Zum Vergrößern anklicken!
Nachdem ich 2013 das Meer im Norden mit dem Fahrrad erreicht hatte, ging es im Sommer 2014 in den Süden.
Mit dem Fahrrad von zu Hause durch den Schwarzwald, die Schweiz (Jura-Route) und über die großen Alpenpässe Frankreichs (Routes des Grandes Alpes) bis nach Nizza.
- Gesamtkilometerkilometer: 1289 km
- Gesamthöhenmeter: 24.012 Hm
- Zeitraum: 20.07.2014 bis 02.08.2014
- Radfahrtage: 13
1. Tag – Sonntag, 20.07.2014
Schnait - Baach - Baltmannsweiler - Plochingen - Neckarradweg Wendlingen - Nürtingen - Neckarirgendwas - Tübingen - Rottenburg - Horb - Sulz am Neckar
- Tageskilometer: 114,11 km
- Durchschnitt: 22,70 km/h
- Fahrzeit: 5:01 Std.
- Höhenmeter: 699 Hm
Leider hat der Wetterbericht Recht behalten und es begann erst zu tröpfeln (hinter Rottenburg), dann zu winden und dann hat es sich eingeregnet. Von daher war die erste Etappe um 15:30 Uhr zu Ende und der Gasthof Lamm im Zentrum von Sulz am Neckar hat mich nett empfangen und heißes Wasser zum duschen bereit gehalten.
2. Tag – Montag, 21.07.2014
Sulz - Oberndorf - Epfendorf - Neckarburg - Zimmern ob Rottweil - Horgen - Niedereschach - Kappel - Obereschach - Villingen - Unterkirnach - Vöhrenbach - Hammereisenbach - Eisenbach - Neustadt - Kappel - Lenzkirch - Fischbach - Schluchsee - Seebrugg - Häusern
- Tageskilometer: 127,77 km
- Durchschnitt: 18,34 km/h
- Fahrzeit: 7:01 Std.
- Höhenmeter: 1639 Hm
Bedecker Himmel und Hochwasser am Neckar, der unbefestigte Radweg hat das Rad und mich in ein gesprenkeltes Matschwerk verwandelt. Das Wasserwerk in Neckarburg kurz vor Rottweil bietet kostenlos Trinkwasser. Ab dort hört dann auch der beschauliche Neckarradweg auf und der Schwarzwald ruft mit den ersten Höhenmeter. Mittagspause in Villingen, anschließend ging es so richtig in den Schwarzwald. In Lenzkirch erst aus Versehen Richtung Bonndorf abgebogen, dann kam auch noch ein Schauer runter. Im Café am Abzweig nach Schluchsee gab es einen Schokocroissant und eine Tasse Kaffee. Auf regennasser Straße hoch nach Fischbach oberhalb vom Schluchsee. Zum ersten Mal über 1000 m üNN unterwegs. 16,5 °C können verschwitzt bergab ziemlich kalt sein. Der Schluchsee bot eher ein tristes Bild. Also noch ein Stückle weiter bis Häusern.
3. Tag – Dienstag, 22.07.2014
Häusern - St. Blasien - Todtmoos - Wehr - Schopfheim - Maulburg - Lörrach/Haagen
- Tageskilometer: 55 km
- Höhenmeter: 500 Hm – Der Tacho hat im Regen gelitten, daher keine genauen Werte
Regentag! Neopren-Überschuhe an und aus, Regenhose an und aus, Regenjacke an und aus. Einzige längere Steigung von St. Blasien nach Todtmoos, ca. 10 km. Regenpause in Todtmoos an der großen Bushaltestelle von 12:00 bis 13:15, dann durch leichten Regen und klatschnasse Straßen runter nach Wehr. Anstatt full speed eher mit 20-25 km/h. Bäckerpause in Schopfheim, die zahllosen Fliegen im Laden haben die Rast unmöglich gemacht. In Lörrach ein Hotel zu finden war auch eher schwierig. Hotel Garni "Haus Martin" hatte aber zum Glück noch was frei. Kein TV, Bad für alle im 1. OG, Waschbecken im Zimmer. Naja, Hauptsache trocken. Mit viel Überredungskunst konnte das Rad sogar trocken auf der Verranda übernachten.
4. Tag – Mittwoch, 23.07.2014
Lörrach - Basel - Jura Route #7 bis Saignelégier
- Tageskilometer: 106-110 km
- Fahrzeit: 8:00 Std.
- Höhenmeter: 2000 Hm (?)
Der Radcomputer hat einen Wasserschaden, funktioniert zwar noch, aber das Display lässt sich nicht ablesen. Die Beschilderung der Jura-Route sagt, dass es von Saignelégier bis Basel 92 km sind. Dazu kamen noch ein paar Kilometer durch Lörrach und Rumgeirre durch Basel. Die Anstiege auf den Challpass, Col de la Croix und vor allem raus aus St. Ursanne waren heftig. Nebenstraßen sind ein bisschen steiler als die üblichen Landstraßen im Gebirge. Wetter: heute sonnig, mit ein paar Wolken aber komplett trocken. In der Sonne warm, in den Anstiegen heiß, Abfahrten mit Windjacke.
5. Tag – Donnerstag, 24.07.2014
Saignelégier - Mont Soleil - La Chaux-de-Fonds - Travers (Mittagspause am Brunnen) - Fleurier - … (immer an der Jura-Route #7 entlang) - Vallorbe
- Tageskilometer: 125-130 km
- Durchschnitt: 18 km/h
- Fahrzeit: 8:00 Std.
- Höhenmeter: 2350 Hm – Der Tacho hatte nur einen kurzen lichten Moment unterwegs und zeigte alles an
Sonniger, windiger, warmer Tag. Am Ende gab es einen kurzen Schauer, eher eine Erfrischung als ein Problem. Die #7 führt fernab von befahrenen Straßen über gut asphaltierte Wirtschaftswege, manchmal sind auch einige offroad Waldwege dabei. Wirklich flach war es nur im Tal Travers. In Kombination mit dem ständigen Rückenwind ging es hier gut voran … bis zur nächsten Steigung hoch nach Côte-aux-Fées. Mit über 80 km in den Beinen fährt man keine Steigung mehr so wirklich flüssig hoch. Nach kurzem auf und ab weiter hoch zum Col de l'Aiguillon. Von Norden komment waren die 5 % wirklich kein Problem. Schade nur, das der Col nur aus einer Kurve bestand, in der ein Belgischer Camper parkte. Im Anschluß ging es 600 m runter, raus aus dem Jura. Das Tagesziel Vallorbe sollte also noch schaffen sein. Vallorbe ist zwar ein größeres Städtchen an der Jura-Route, aber außer einer privaten Jugendherberge "Auberge pour tous" gibt es keine Hotels. Also wird in der scheinbar so teuren Schweiz mal wieder günstig übernachtet. Und nach dem Duschen wird man auch ohne Handtuch trocken.
6. Tag – Freitag, 25.07.2014
Vallorbe - Orbe - ... - Crissier - Lausanne - [Fähre] - Thonon-les-Bains
- Tageskilometer: 50 km
- Höhenmeter: 400 Hm
Der Tag startete sonnig und mit einem jugendherbergstypischem Frühstück. Der Kaffee kam aber aus einer echten Jura Maschine – standesgemäß, wenn man doch durch den Schweizer Jura reist. Zum Einrollen ging es ein paar Kilometer auf der Hauptstraße Richtung Lausanne, dann aber abseits weiter durch die Hügellandschaft zwischen Jura und Lac Lémon (Genfer See). Ohne Karte, ohne Internet, ohne Roadbook einer detailliert beschriebenen Etappentour. Mit nur einmal fragen habe ich dann auch das Einkaufscenter von Crisier gefunden und im dortigen SportXX einen neuen Tacho erstanden. Noch ein Käsebaguette auf die Hand und weiter Richtung Lausanne. Viel falsch machen kann man nicht, immer dem Trubel hinterher und irgendwann ist der Fährhafen auch ausgeschildert. Sooo viele Ampeln ist man als Jura-Routen-Radler ja gar nicht mehr gewöhnt.
Das Fährticket für Mensch und Maschine war schnell gekauft, bis zur Abfahrt um 15:30 Uhr war aber noch Zeit zum entspannen, die restlichen Franken investieren und den neuen Tacho montieren. Knapp eine Stunde hat die Fähre bis Thonon-les-Bains gebraucht. Eine Übernachtungsmöglichkeit hatte ich ja schon bei HRS.de gefunden und reserviert. Also musste ich "nur noch" das Hotel finden ... was dann schließlich auch geklappt hat. Das Fahrrad durfte sogar mit im Zimmer übernachten. Gemäß Anleitung habe ich dann die frz. Prepaidkarte fürs Handy in Gang gesetzt. Nur war der Empfang im Zimmer nicht berauschend, auf dem Weg zum Supermarkt hat es dann besser geklappt.
In Thonon war Stadtfest mit zahlreichen traditionellen Bands, Flohmarkt und die Restaurants haben ihre Sachen "zum mitnehmen" verkauft. Also bestand kein Problem, nicht satt zu werden. Im Hotelzimmer war bei offenem Fenster dann noch die Live-Reagge-Musik zu vernehmen, die durch die Straßenschluchten drang …
7. Tag – Samstag, 26.07.2014
Thonon-les-Bains - Col du Cou (1117 m) - Col des Arces - St. Jeoire - Marignier - Cluses - Col de la Colombière (1613 m) - Le Grand-Bornand - St. Jean-de-Sixt - La Clusaz
- Tageskilometer: 102,15 km
- Durchschnitt: 15,63 km/h
- Fahrzeit: 6:37 Std.
- Höhenmeter: 2523 Hm
Der Morgen began ernüchternd. Um kurz vor 7:00 Uhr regnete es Bindfäden und ich beschloss noch mal ein Stündchen zu schlafen. Bei so einem Wetter würde ich kaum über den Colombière kommen. Der Regen hatte aufgehört und ich hab alles gepackt und bin zum Frühstück in eine Patiserie im Stadtzentrum gerollt: 2x Kaffee, Baguette mit Marmelade, Schokobrötchen, ein Glas O-Saft. Gegen 10:00 Uhr dann endlich los, der D12 aus der Stadt folgend hoch zum Col du Cou. Für Radfahrer gibt es extra Kilometerschilder mit der Reststrecke bis zum Pass, der aktuellen Höhe und den Steigungsprozent des nächsten Kilometers. Kann motivierend sein, wenn man "12 km" und "6 %" zu lesen bekommt – oder auch nicht. Ich fands ganz gut, da weiß man immer, was noch kommt und man kann sich daran erfreuen, was man schon geschafft hat. Ich bin den Angaben im Roadbook von radreise-wiki.de gefolgt und das hat mich dann über etliche kleine, steile aber sehr schöne Abschnitte nach Cluses gebracht.
Mittlerweile habe ich das Jacke-an-Jacke-aus Spiel weiter perfektioniert. Ausziehen und in der Trikotrückentasche verstauen geht jetzt auch beim Fahren. Sogar die Sonne hat sich gezeigt und beim Cola-Stop in Cluses sogar richtig gebrannt. Der Einstieg zur Passstraße war schnell gefunden, das erste Schild meinte, es wären 16 km und knapp 1000 Hm bis zum Pass. Und es begann zu tröpfeln. Kurz vor dem Örtchen Le Reposoir wurde es kurz flacher (2 %), im Ort ging es dann aber gleich wieder zur Sache und bis zur Passhöhe war kein Durchatmen mehr möglich. Die letzten beiden Kilometer dann noch durch einen fiesen Regenschauer, da ich eh verschwitzt war, machte es keinen Sinn, etwas Wasserabweisendes anzuziehen. Zum Glück war es nicht windig und so konnte ich die nassen 15 °C ganz gut ertragen. Kurz vorm Pass hat es auch wieder aufgehört und im Tal hinter mir war ein schöner Regenbogen zu sehen. Von nun an fast nur noch abwärts nach La Clusaz. Auch für hier hatte ich von unterwegs ein Zimmer vorgebucht, an der Info am Ortseingang habe ich dann auch gleich die Rue de la piscine (Straße am Schwimmbad) gefunden. In der Straße aber nicht gleich das richtige Hotel. Also gab es noch mal ein paar Höhenmeter extra oben drauf … Zum Duschen war ich erstmal zu kaputt und musste für 30 min mal nichts tun, außer im Bett liegen.
8. Tag – Sonntag, 27.07.2014
La Clusaz - Col des Aravis (1486 m) - Flumet - Col des Saisies (1650 m) - Hautluce - Beaufort - Cormet de Roselant (1967 m) - Bourg-St-Maurice - Séez
- Tageskilometer: 98,29 km
- Durchschnitt: 15,12 km/h
- Fahrzeit: 6:29 Std.
- Höhenmeter: 2748 Hm
- Max. Geschwindigkeit: 80,88 km/h
Nach ausgefallenem Abendessen gab es wenigstens ein reichhaltiges Frühstück im Hotel in La Clusaz. Dann die üblich Pack- und Umziehprozedur, der Himmel war blau, die Sonne schien … kurzes Trikot sollte reichen, zumal es eh gleich wieder bergauf gehen sollte. Auf Nachfrage gab es im Hotel noch einen Lappen und so konnten die letzten Spuren der Regenschlacht im Schwarzwald beseitigt werden und die Kette sah im Anschluss auch wieder aus wie eine Kette. Dabei fiel mir auf, dass der neue, superleichte Flaschenhalter an zwei Stellen Risse im Plastik hatte. Murks, bei der nächsten Bodenwelle auf einer Abfahrt macht sich da die Trinkflasche gleich mal ganz schnell selbstständig.
Aber es ging ja erstmal hoch zum Col des Aravis. Nach 37 min war ich schon oben, da Sonntag ist, tummelten sich hier Menschen und Rennradfahrer. Ein 73jähriger Rennradfahrer trampelte erst auf meinem Schweißtuch herum, erzählte mir dann aber irgendwas auf französisch, eben auch, dass er schon 73 sei und immer noch auf dem Rennrad sitzt. Ordnungsgemäß hab ich mich unten in Flumet an die Einbahnstraßenreglung gehalten und dann ab über die Brücke und gleich wieder rein in den Anstieg hoch zum Skiort Les Saisies. Die Straße macht auf den ersten 500 m bestimmt 6-8 Kehren, dann geht es "normal" den Berg hoch. Das erste Kilometerschild versprach 13 km bis zur Passhöhe. Im ersten Örtchen im Anstieg habe ich dann ein paar Euro in einen neuen Trinkflaschenhalter investiert. Die zahlreiche InterSport Geschäfte sind hier voll auf Wanderer, Radfahrer und vor allem Skifahrer eingestellt. Skiorte oben in den Bergen sind einfach trostlos, da half auch der Flohmarkt und die entsprechenden Massen an Menschen nichts. Schnell wieder runter. Bei den Abfahrten denke ich dann meist "Zum Glück muss ich hier nicht hoch!" ... aber auf meiner Auffahrtsseite war es bestimmt genauso steil. Auf Höhe Hautluce hätte man den Mont Blanc sehen können, leider hielt er sich bis auf eine kleine Ecke hinter Wolken verborgen. Da hatte ich 2001 mehr Glück, als wir auch über den Aravis und den Saisies zum Col du Joly hoch (und wieder zurück nach Le Grand-Bornand) sind. Die über 3500 Hm von damals sind immer noch mein Höhenmeter-Rekord, ob ich den jemals knacken werde?
Unten im Käsestädtchen Beaufort traf sich alles was Räder und Sohlen hat: Wanderer, Mountain-Biker, Rennradler, Reiseradler, Motorradfahrer, Wohnmobilfahrer, Autofahrer, … Jeder für sich hat sicher gehofft, es wäre viel schöner, wenn nur seine Gattung heute Fahrerlaubnis hätte. Kaffee, Coma, Käsebaguette waren die Stärkung für den längsten Aufstieg des Tages. Von 750 m sollte es hoch auf über 1900 m gehen. Gesagt, getan, aäobwohl es schon vietel vor Drei war. Als ich noch an der zweiten Cola schlürfte, machte sich ein Pärchen, vollbeladen auch auf den Weg hoch zum Cormet de Roselant. Mal sehen, ob ich die beiden noch mal sehen würde? Und in der Tat, in irgendeiner der zahllosen Kehren stiegen die beiden wieder auf ihre Räder. Anstatt einem "Bonjour" gab es gleich mal ein "Hallo" von mir. Und wie sich kurz danach rausstellte, kommen die beiden aus Slowenien und sind auch auf der "Route des Grandes Alpes" unterwegs. Aber am Berg muss jeder seinen Rhythmus fahren. Oben am Cormet habe ich die beiden noch mal getroffen als ich ich mitten in der Umkleide-Session war. Ich war klatschnass, es war nur 13,7 °C warm und gleich sollte es über 1000 m runter nach Bourg-Saint-Maurice gehen. Trikot und Unterhemd aus, trockenes Unterhemd, Trikot, Longsleeve, Windjacke, Regenjacke und Winterhandschuhe an, noch ein Beweisfoto und los, es war schon nach halb Sechs. Der Ausblick auf der Abfahrt zwang zum Fotos machen. Nur bedient sich ein Smartphone mit Handschuhen so schlecht … Neben zahlreichen Kehren gab es aber auch schöne "Geradeaus-Passagen" und so konnte der Tacho vor dem Komma mal ein 80 anzeigen. Unten in Bourg-Saint-Maurice war es wieder über 20 °C warm. Also, alles wieder aus, denn es sollte noch ein Stückchen weiter nach Séez gehen. HRS hatte ein kleines Hotel zu Tage gefördert, nur die Ortsangabe bei HRS und die bei google maps waren sich sehr uneinig, wo denn nun genau das Hotel sein sollte. Jedenfalls irgendwo an der nächsten Passstraße hoch zum Col du Petit St. Bernard und weiter nach Italien. Ich wollte schon fast wieder umkehren, aber dann war es da, das Relais Villards de Logis. Sehr netter Empfang von der Cheffin und gleich ein Gespräch mit zwei Franzosen, die schon Fahrrad-Feierabend hatten. Mit Händen und Füßen hab ich ihnen erklärt, dass ich seit Stuttgart und dem Gepäck unterwegs bin und bis ans Mittelmeer wolle. Da staunt dann auch mal der Franzose. Duschen und Klamottenwaschen wieder in einem Aufwasch und dann Abendessen. Für 67 € wurde mir Halbpension angeboten und es gab ein wunderbares Menü:
- Vorspeise: Terrine (quasi na Scheibe grobe Leberwurst)
- Hauptspeise: Hühnchen Schlegel mit Tomaten-Zucchini Gemüse
- Nachtisch: Dreierlei Käse aus der Region
- Nachnachtisch: Kuchen mit ner Kugel Eis
- … und das Bier aus dem Elsass war bis zum letzten Schluck eiskalt und lecker
9. Tag – Montag, 28.07.2014
Séez - Val d'Isère - Col de L'Iseran (2770 m, höchste Passstraße in Europa) - ... De Lanslevillard - Modane - St. Michel de Maurienne
- Tageskilometer: 120,85 km
- Durchschnitt: 17,52 km/h
- Fahrzeit: 6:53 Std.
- Höhenmeter: 2142 Hm
So reichhaltig wie das Abendessen war, so mager fiel das Frühstück aus. Aber dafür sind die Franzosen ja bekannt. Kurz nach 8:00 Uhr trafen sich wieder die italienischen und norwegischen Motorradfahrer und der deutsche Radfahrer zum Frühstück ein. Der Kaffee war schwarz, stark und gut … beim Gehen hab ich dann noch das nicht gegessene Croissant vom Tisch der (schon gegangenen) Norweger stiebitzt. Wie kann man diese krümmlige Köstlichkeit liegen lassen? Vor der Abfahrt gab es noch einen Bremsencheck und dann ging es um kurz nach 9:00 uhr los Richtung Val d'Isère und den Col de L'Iseran.
Die Schilder waren heute Morgen wenig motivierend: 39 km bis zum Pass und es ging schon immer nur hoch. Über Skiorte im Sommer muss ich mich nicht weiter auslassen, aber kurz hinter Val d'Isère war plötzlich mein Sorgenkind weg! Nach der kurzen Rast an der Haltestelle hatte ich noch die Schweißtropfen vom Display gewischt, er konnte als nicht weit sein. Als Geisterfahrer am Randstreifen also wieder zurück und siehe da, da lag er … Oberhalb der Grenze von 2000 m begann es zu tröpfeln und ich überlegte kurz, ob die GoreTex Hülle von Nöten sei? Nein, also weiter im Takt. Wohnmobile können ein erschreckend guter Wegweiser sein, wo es gleich noch langgehen sollte. Gerade noch überholen sie einen und im nächsten Moment tauchen sie zig hundert Meter über einem auf. Heute am Montag waren kaum Radfahrer unterwegs, so wurde der Aufstieg zur höchsten Passstraße in Europa ein einsames Unterfangen. Kilometerstein 4, 3 fehlte, 2, 1 … noch ein paar Kehren – angekommen. Heute erst das Beweisfoto (Danke fürs Knipsen in die Niederlande!), dann die Umzugsprozedur und durchschnaufen. Oben traf ich auf ein Reiseradlerpärchen aus Straßbourg. Die sind seit Basel unterwegs und wollen auch nach Nizza. Waren aber eher die Sorte Weltumradler, die Räder vollgepackt. Ich hab mal eins angehoben, dagegen ist meins mit Gepäck ein Leichtgewicht. Aber ich campiere ja nicht und geniesse den Regen nur tagsüber. Ja der Regen … der kam, als es runter ging vom L'Iseran.
So kalt war es mir noch nie auf einer Abfahrt. Über die Radhose und die Leggings musste dann noch die Regenhose und die Neoprenüberschuhe kamen auch wieder zum Einsatz. Bewegen kann man sich zwar dann nicht mehr, aber es ging ja runter, runter, runter … Nur der Regen und der Gegenwind machten daraus kein Vergnügen. Dann auch noch ein kleiner Gegenanstieg, diesmal zum Col de la Madeleine! Irgendwann ließ der Regen nach und ich wollte meine Bewegungsfreiheit zurück. Also, alles wieder aus … Dann begann es wieder zu heftiger zu regnen und ich dachte, dass ich nicht mehr weit habe. St. Michel stand ja schon überall angeschrieben, leider ohne Kilometerangabe. Nach Modane dann doch mal ein Hinweis: 13 km. Da war ich aber schon nass, also weiter runter durch diesen wirklich nicht sehr schönen Abschnitt. Auf 300 m Talbreite tummeln sich der Fluss Arc, eine Autobahn, eine Landstraße und eine Eisenbahnstrecke. Zum Glück hatte ich das Hotel schon reserviert und wusste wo es hingeht. Gleich am Ortseingang dann das Hotel Le Marintan. Hier ist man auf Radler eingestellt und es gibt einen großen Schuppen für das Fortbewegungsmittel und ne heiße Dusche für den Fortbeweger. Die örtliche Pizzeria ist nicht wirklich erwähnenswert, dafür recht teuer, aber der Hunger war einfach zu groß um noch ewig durch das Regengetröpfel zu irren und was besseres zu finden. Ob das Wetter morgen die Etappe über den Col du Galibier zulässt?
10. Tag – Dienstag, 29.07.2014
St. Michel de Maurienne (718 m) - Col du Télégraph (1566 m) - Valloire (1406 m)
- Tageskilometer: 19 km
- Höhenmeter: 880 Hm
Und wieder ein Morgen grau in grau. Beim frühstücken konnte ich die Regentropfen in den Pfützen auf den Straßen begutachten. Von den Auto drang der typische Geräuschpegel, der entsteht, wenn die Straße regennass ist, in mein Ohr. Bleiben oder fahren? Nachdem Frühstück hatte sich der Regen tatsächlich gelegt, also los. Bis ich auf dem Rad saß, begann es wieder leicht zu tröpfeln. Aber was sollte passieren? Jetzt stand erstmal der Aufstieg zum Col du Télégraph auf dem Programm. Und bei 7-9 km/h spritzt nicht so viel Wasser von der Straße hoch. Mit jeder Kehre auf dem 12 km langen Anstieg begann es heftiger zu regnen. Die Klamotten waren jetzt eindeutig regen- und nicht schweißnass. Also doch die Regenjacke an, damit es innen wenigstens etwas wärmer nass ist als außen. Von Aussicht ins Tal keine Spur, von Radelgenuss keine Spur. Wenigstens nahm die Zahl auf den Kilometersteinen kontinuierlich ab. Bei so einem Regen war an eine Weiterfahrt über den Col du Galibier nicht zu denken. Aber im Örtchen Valloire sollte es neben Skiliften auch Hotels geben. Im öffentlichen Klohäuschen auf dem Télégraph habe ich mich schnell umgezogen, d. h. wieder die Schwimmausrüstung angelegt. Die 4 km runter waren trotz Regenschutz saukalt und zogen sich hin, weil ich nicht schneller als 20 km/h rollen wollte, um nicht vollends unter zu gehen bzw. auszukühlen. Schnell das zweitbeste Hotel angesteuert und eingecheckt. Die zwei ** des Hotel Centre sind jedenfalls aus einer längst vergangenen Zeit. Das Duschwasser war heiß und im Anschluss ging es für ein paar Stunden zum Aufwärmen unter die Bettdecke. Ich bin ja normalerweise nicht so eine Frostbeule, aber heute wollte ich irgendwie nicht auftauen. So endete die kürzeste Etappe nach 19 km und schon kurz nach 12:00 Uhr mittags …
Murphy fährt natürlich auch mit. Kaum lag ich geduscht im Bett, hörte es auf zu regnen und für einen klitzekleinen Moment schaute sogar die Sonne durch die graue Wolkendecke.
11. Tag – Mittwoch, 30.07.2014
Valloire (1406 m) - Col du Galibier (2642 m) - Col du Lautaret (2057 m) - Briançon (1208 m) - Col d'Izoard (2360 m) - Combe du Queyras - Guillestre (1048 m) - Vars - Col de Vars (2109 m) - St. Paul sur Ubaye - Jausiers (1213 m)
- Tageskilometer: 148,46 km
- Durchschnitt: 17,14 km/h
- Fahrzeit: 8:39 Std.
- Höhenmeter: 3558 Hm – Neue persönliche Bestleistung ;-]
- Max. Geschwindigkeit: 85,81 km/h
- Min. Temperatur: 6,4 °C
Nach dem gestrigen Regendesaster konnte es ja nur besser werden. Und es wurde besser! Sogar blauer Himmel war zu sehen. Dann wollte ich doch mal sehen, ob der angeblich mystische Tour-de-France-Pass "Col du Galibier" wirklich so viel schlimmer ist als seine Kollegen?
Kurz nach 9 Uhr war Abfahrt, zwei englische Motorradfahren hatten zuvor mein Rad inspiziert: Scheibenbremsen, Bordcomputer ... was es nicht alles am Drahtesel gibt! Die ersten Kilometer waren ganz Ok, bergauf, aber gut fahrbar. Am Ende des Hochtals dann die erste Rampe. Ja, da muss man schon treten – aber mörderisch? Neee ... Kurz zuvor hatte sich ein Rennradfahrer an mein Hinterrad gehängt und genoss es sichtlich – wenn auch keuchend – von mir den Berg hochgezogen zu werden. Bis zum Ende macht er leider keinerlei Anstalten, sich auch mal an der Führungsarbeit zu beteiligen. Kurz vor dem Ende gibt es einen für Radfahrer geperrten Tunnel, aber egal, man will ja zum Pass hoch. Noch ein paar Kehren und Rampen ... und schon steht man im Nebel und friert. Wie gesagt, ich fand den Galibier von der Nordseite jetzt nicht so ultimativ viel schwerer als die anderen großen Pässe. Mag daran liegen, dass ich die "Weichei"-Variante gewählt habe und erst ab Valloire gestartet bin (das Wetter alleine war Schuld!) oder dass ich in der Schweiz erlebt habe, wie steil eine kleine Nebenstraße, über die die Jura-Route nur zu gerne führt, wirklich sein kann.
Am Galibier war es mit 6,4 °C jedenfalls lausig kalt, schnell ein Foto, schnell die anderen bewundern, die hier hoch radeln (zahllose Rennradfahrer aus ganz Europa und zwei vollbepackte Reiseradler, er sogar mit Anhänger). Und schnell wieder runter, was bei dem üblichen Gefälle kein Problem ist. Am Tour de France Ehrenmal bin ich einfach vorbei, es wäre viel zu kalt gewesen, hier anzuhalten, Handschuhe auszuziehen und ein Foto zu machen. So hat sich der gegenüberliegende Gletscher auch nur in mein Hirn und nicht auf den Flashspeicher des Telefons eingebrannt.
Nach knapp 9 km trifft die Straße auf eine größere Hauptstraße, die mit dem Col du Lautaret ihren Höhepunkt hat. Hier kam auch vor wenigen Wochen die diesjährige Tour de France vorbei. Ich folgte ihrer Strecke runter nach Briançon. Hochgenuss für Bergabheizer, weite Kurven, guter Belag und ein italienisches Wohnmobil musste überholt werden. Briançon ist die größte Stadt an der Routes des Grandes Alpes und man muss sich erstmal wieder an Ampeln und Staus gewöhnen. Das nächste Ziel, der Col d'Izoard war aber immer gut ausgeschildert. Heute gab es mal wieder einen echten Zwischenstopp mit Cola, Kaffee und "Santwitsch" (halbes Baguette mit Schinken und Käse). In der Zwischenzeit durften die verschwitzten Sachen in der Sonne und im Wind trocknen.
Der Wind half dann auch bei Anstieg zum Izoard. Von Briançon kommend gibt es durchgängig einen Fahrradstreifen am rechten Fahrbahnrand und anfänglich sogar alle 500 m eine Hinweistafel. (An solch einen Luxus kann ich mich bei meiner ersten Auffahrt auf den Izoard 1995 nicht erinnern.) Ähnlich wie der Galibier ging es erst genüsslich zur Sache, dann wurde es auf den letzten 8 km im Wald richtig happig. Millionen von Fliegen umschwirrten Hände, Arme und den Kopf … nur nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ab ca. 12 km/h kommen die Viecher nicht mehr mit, aber so eine Geschwindigkeit ist höchstens mal kurzfristig drin.
Wie schon am Galibier stand in einer der letzten Kurven ein Fotograph und knipste alles und jeden, der sich nach oben bewegte. Die Bilder kann man dann – sicherlich für teures Geld – auf www.griffephotos.com erwerben. Am Izoard traf ich dann auch wieder auf das Randem fahrende Pärchen, das mich bei einer kurzen Pause im Anstieg überholt hatte. Schon kurios, was sich neben den üblichen Verdächtigen wie Rennrad, Motorrad, Auto und Wohnmobil so alles den Berg hoch quält (?) bzw. bewegt: Heute traf ich auf einen Jogger, einen Sommerlanglaufskier, zwei schwer beladene Reiseräder, eine Familie mit Kinderanhänger (von ihr gezogen) und Liegerad-Normalrad-Tandem-Mix (er mit dem älteren Kind), das besagte Tandem, einer Mutter mit Sohn aus Italien (sie hatte eine extreme Untersetzung am Rad, mit einer Kurbelumdrehung ist sie sicherlich knapp 30 cm weit gekommen) und den normalo Touristen, die sich ein Mountainbike ausleihen und meinen, sie könnten auch mal so einen Pass hochfahren …
Die Abfahrt vom Izoard Richtung Guillestre bietet ein paar landschaftlich schöne Abschnitte und auf der ein oder anderen langen Geraden kann man problemlos testen, wie schnell man rollen kann. Nur vor dem nächsten Örtchen bitte abbremsen! In der Schlucht Combe du Queyras ist die Straße direkt in den Berg gehauen. Rechts geht es etliche Meter runter zum reißenden Flüsschen Guil, links steil den Berg hoch. Wenn es ganz eng wird, muss man durch ein paar Tunnel durch. Auch hier bin ich 1995 öfter mal lang gekommen, als wir in Guillestre campiert haben und ich damals mit dem neuen Trek Rad erste Alpenerfahrungen gesammelt habe.
Aber es sollte heute noch weiter gehen! Der Col de Vars, oberhalb vom – mal wieder schmucklosen – Skiort Vars stand noch an. Dieser Anstieg ist anders als die anderen: Im unteren Teil geht es mit über 9 % so richtig zur Sachen. Da muss man seinem Schweinehund schon gut zureden, wenn man mit zwei Pässen in den Beinen hier noch in der heißen Nachmittagssonne hoch will. Den Mythos, dass der Vars der Pass der Fliegen ist, kann ich nur bestätigen. Noch etwas aggressiver unterwegs als zuvor am Izoard. Aber lieber Fliegen als Regen. Noch ein letzter Müsliriegel zur Stärkung und auf zum dritten Pass. Nach 18:00 Uhr trifft man kaum noch jemanden hier oben. Der Andenkenladen macht gerade zu, Radfahrer genießen sicherlich schon ihren Rotwein und Motorradfahrer tauschen sich über ihre Heldentaten aus …
125 km standen jetzt auf dem Tacho, der alte Höhenmeter-Rekord aus dem Jahre 2001 war eingestellt und knapp überboten (3558 Hm waren am Ende des Tages abzulesen) – es wurde also langsam Zeit für die Hotelsuche. Das Roadbook von radreise-wiki.de hatte schon angekündigt, das der Trubel hinterm Col du Vars vorbei ist und man noch eine Weile rollen muss, bis es wieder touristische Infrastruktur gibt. Rollen, sogar mit Rückenwind, war ein gutes Stichwort. Und so ging es genüßlich durch das schon im Sonnenschatten liegend Tal der Ubaye bis nach Jausier. Hier zweigt die Auffahrt zum Bonette ab und zum ersten Mal war "Nice" am Wegweiser zu lesen. Am Ortseingang verkündete eine Werbetafel, dass es am anderen Ortseingang das Hotel Belair gäbe. Also ab durch die Mitte und mit Glück noch ein Zimmer mit Halbpension ergattert. Im Hinterhof parkten schon zahlreiche Motorräder und in der Garage tummelten sich die Fahrräder.
Duschen, essen, Tourbericht schreiben, schlafen!
12. Tag – Donnerstag, 31.07.2014
Jausier (1213 m) - Cime de la Bonette (2802 m) - St-étienne-de-Tinée (1148 m) - Isola - St-Sauveur-sur-Tinée (450 m) - Valdeblore - La Colmiane/Col St-Martin (1500 m) - St-Martin-Vésubie (954 m) - Roquebillière
- Tageskilometer: 117,04 km
- Durchschnitt: 15,87 km/h
- Fahrzeit: 7:22 Std.
- Höhenmeter: 2723 Hm
Die Kurzzusammenfassung des heutigen Tages lautet: hoooooooooch, ruuuuuuuuunter, hoooooch, ruuuuuunter … klingt doch nach einem einfachen Rezept. Das erste "hoch" waren die 23 km hoch auf den Cime de la Bonette, die (angeblich) höchste Straße in Europa. Die Passhöhe liegt unterhalb des L'Iseran, daher haben die Straßenbauer hier im südlichen Teil der französischen Alpen wohl beschlossen, noch einen Kringel um den Bonette-Kegel zu bauen. Dieser zwar nur zwei Kilometer lange Kringel hat es aber in sich, es geht noch mal so richtig knackig hoch. Aber am Gedenkstein ist dann Schluss und man darf sich in die Warteschlange der Rennradler, Motorradfahrer und sonstigen Touristen einreihen, um an sein Andenkenfoto zu kommen. 2:50 Std. war ich für diese 23 km unterwegs – Puuh! Ein paar Meter weiter unterhalb ist der Trubel vorbei und man kann die Aussicht genießen. Touristische Infrastruktur gibt es hier oben keine, also auf nach unten, eine Cola musste her …
Zur Auffahrt sei noch gesagt, dass jeder Radler von mindestens 1,3 Millionen Fliegen umschwirrt wird, die sich mit Vorliebe am Salz der Handschuhe laben bzw. versuchen in Mund und Ohren einzudringen. In solchen Momenten wünscht man sich Gegenwind herbei … aber den gab es an diesem heißen, sonnigen Tag nur weiter unten bei der Fahrt durch das Tal der Tinée.
Nach unendlichen, spektakulären Kurven führte die Abfahrt schließlich runter in das besagte Tal der Tinée und hier ging es immer weiter runter. In St-étienne-sur-Tinée gab es dann die ersehnte Cola (und ne Pizza und nen Kaffee dazu), der Tacho zeigte hier schon gute 50 km an.
Weiter talabwärts, zum Teil auf einem echten Fahrradweg bis zum Abzwelg hoch nach Valdeblore bzw. den Col St-Martin. Die Nachmittagssonne brannte nun so richtig und meine Motivation, jetzt noch mal 1000 m hoch zu strampeln war irgendwie nicht sehr groß. Kurze Pause im Bushaltestellen-Häuschen und dann rein in den Anstieg, die ersten zwei Kilometer mal gleich mit knackigen 9 %. Die Fliegen haben diesmal weiter oben gewartet, es waren auch nicht ganz so viele wie zuvor am Bonette, ich war aber auch weit und breit das einzige rollende Salzfass. Nach über 2 Stunden und 16 km war ich dann endlich oben, im schmucklosesten Skiort der Südalpen. Nicht mal ein Col-Schild gab es, nur ein "Arrivé" Hinweis. Die nächste Bushaltestelle bot Schatten und dann ging es runter ins Tal der Vésubie. Google hatte für Roquebillière das Hotel St-Sebastian hervorgezaubert. Und siehe da, es gab noch ein Zimmer und der Swimming-Pool war auch in Betrieb. Um den Pool vor der Versalzung zu bewahren, ging es aber erstmal unter die Dusche.
So, noch ein langer Col mit 1000 m Anstieg und ein kleiner "Knilch" mit unter 500 m und dann geht es nur noch abwärts bis ins Meer bei Menton …
13. Tag – Freitag, 01.08.2014
Roquebillière - Gordolon (503 m) - Col de Turini (1607 m) - Sospel (348 m) - Col de Castillon (706 m) - Menton (2 m) - Monaco - Nizza
- Tageskilometer: 101,51 km
- Durchschnitt: 17,77 km/h
- Fahrzeit: 5:42 Std.
- Höhenmeter: 1850 Hm
Das Mittelmeer in greifbarer Nähe, aber die Route des Grandes Alpes verweigert den direkten Weg auf Null Meter über dem Meeresspiegel. Stattdessen geht es noch einmal über 1000 m hoch zum Col de Turini. Naja, kein echter Col, eher eine Kreuzung oben auf einem Bergrücken. Ich bin zwar zwischen 9:00 und 11:00 Uhr hier hoch gefahren und viele Teile der wirklich schönen Strecke lagen noch im Schatten, ins Schwitzen bin ich aber doch ganz gut gekommen. Serpentinen wechselten sich mit Abschnitten ab, wo man sich fragen muss, wie man hier eine Straße bauen konnte? Fahrradfreundliche Hinweise über aktuelle Höhe, Steigungsprozente und Reststrecke waren nicht zu finden. Erfreulicherweise auch kaum Fliegen. Oben an der Kreuzung findet man etliche Restaurants und jedes brüstet sich mit tollen Fotos über vergangene Durchfahrten der Rallye Monte-Carlo. Für mich ging es nach kurzem Stopp weiter, runter nach Sospel. Mein Ziel dort war der Bahnhof mit der Hoffnung, ein Zugticket für das Rad im Nachtzug von Nizza nach Strasbourg zu bekommen. Nach 15 km Steigung ging es aber erst mal 25 km runter. Leider auf sehr schlechter Straße und mit vielen, wirklich vielen Serpentinen. War aber gut so, kurz nach Wiedereröffnung des Schalters um 12:30 Uhr war ich dann in Sospel am Bahnhof und die Mühen nahmen ihren Lauf. Es war aussichtslos, ein Ticket für das Fahrrad für den Nachtzug von Nizza nach Strasbourg zu bekommen. Da halfen auch die Flüche (C'est foul!) der engagierten Madame am Schalter nichts. Sei's drum, am Samstag geht es mit diversen Regionalzügen von Nizza über Marseille und Lyon nach Besançon. Dort treffe ich dann den väterlichen Abholservice.
So verbrachte ich die Mittagspause in einer stickigen Bahnhofswartehalle … aber ich musste ja noch weiter. Der kleine Col de Castillon hat dann doch noch mal für Schweißperlen gesorgt. Es ging zwar deutlich flacher aufwärts, dafür aber mit Hitze und Gegenwind. Und nach dem Tunnel oben am Pass auch nicht der versprochene erste Blick aufs Meer. Wolken und Sichtschutzzäune verhinderten das langersehnte Vergnügen. Also abwärts, nach 12 km sollte man schließlich unten am Meer sein. Mit jedem Meter wurde es urbaner und das letzte Stück durch die Stadt ein Kampf mit und gegen Autos und Ampeln.
Et voilà, da war es endlich, das Meer! Am Kieselstrand von Menton aalten sich ein paar Sonnenhungrige, ich musste aber noch weiter bis Nizza. Dank hrs.de hatte ich ein kostengünstiges Hotel in der Nähe des Bahnhofs ergattert … Ich versuchte möglichst unten an der Küste zu bleiben. Auf weitere Höhenmeter hatte ich irgendwie keinen Bock mehr, nicht bei dieser Hitze und diesem Verkehr. So kam es, dass ich mitten durch Monaco geradelt bin, durch verbotene Tunnellabyrinthe, einmal in eine Sackgasse, vorbei an meinen zukünftigen Jachten und über die Curbs der Formel Eins Rennstrecke, die ja bekannterweise durch die Stadt führt. Wo Monaco aufhörte und Frankreich wieder began, hat sich mir nicht erschlossen, an der Küste steht ein Haus am anderen und teure Autos fahren überall rum.
Noch ein wenig schweißtreibendes Auf und Ab und dann stand da am Straßenrand plötzlich ein ziemlich unscheinbares Ortsschild mit den vier Buchstaben "NICE" – angekommen!
Schnell ein paar Selfies samt Ortsschild und ab hinein ins Großstadtgetümmel. So viele Menschen wie heute Nachmittag habe ich die letzten zwei Wochen nicht gesehen. Der Bahnhof und das Hotel "Berne" waren schnell gefunden, das Rad darf mit im Zimmer schlafen und aus der Dusche kam auch hier wieder heißes Wasser!
So geht nun also die Sommer Tour 2014 von Schnait im Remstal nach Nizza am Mittelmeer zu Ende. Insgesamt waren es an 13, zum Teil verregneten, Tagen im Sattel 1289 Kilometer und 24012 Höhenmeter. (Bis zur Abfahrt waren dieses Jahr in heimischen Gefilden und den zwei kleinen Vorbereitungstouren lediglich 23000 Höhenmeter zusammen gekommen.)
Weiterführende Links und Informationen
An dieser Stelle noch ein paar Links zu weiterführenden Informationen:
- Mein Album auf flickr: www.flickr.com/photos/29881479@N02/sets/72157645732400666
- Tourenbeschreibung Jura-Route: www.radreise-wiki.de/Jura-Route
- Tourenbeschreibung Route des Grandes Alpes: www.radreise-wiki.de/Route_des_Grandes_Alpes
- CGN – Compagnie Générale de Navigation sur le lac Léman (Fähren auf dem Genfer See): www.cgn.ch
- Fotoservice Col du Galibier, Col de L'Izoard usw.: www.griffephotos.com
- Fotoservice Cime de la Bonette: www.lamapix.com
- Prepaid SIM-Karte für Frankreich: www.prepaid-global.de
Die SIM-Karte von Lebara im Mobilfunknetz von Bouygues funktionierte eher recht als schlecht. Es gab zwar in den meinsten Döfern und Städten ein 3G-Netz, so wirklich fließen wollten die Datenpakete dennoch nicht. Dafür bot jedes Hotel in der Schweiz und in Frankfreich kostenfreies Wlan (Wifi) an, das in den allermeisten Fällen auch gut funktioniert hat.
Dank Internetdiensten wie hrs.de und booking.com ist die Hotelsuche unterwegs kein Problem. Am jeweiligen Tagesziel habe ich, meist abhängig vom Wetter, überlebgt, bis wohin die nächste Tagesetappe führen könnte. Aber auch das spontane Ansteuern eines Hotels war kein Problem, trotz Urlaubs-Hauptsaison. Die Hotel-Kategorie 2 Sterne ** bietet für 50 bis 70 Euro ausreichend Schlaf- und Frühstücksqualität. Abseits der Skiorte bekommt man gefühlt mehr für sein Geld geboten.
Die Versorgung unterwegs war stets problemlos. Ein paar Müsli- und Energieriegel waren immer mit an Bord und Supermärkte, Cafés, Restaurants und Bäckereien gibt es fast an jeder Ecke. Noch problemloser ist die Trinkwasserversorgung. Ich habe kein einziges Mal Trinkwasser gekauft und mich immer aus dem Wasserhahn im Hotelzimmer bzw. den zahlreichen Brunnen am Straßenrand versorgt. Magen-Darm-Probleme sind keine aufgetreten.