Bamberg – Lindau

Nach langer Pause endlich wieder eine längere Radreise. Diesmal mit dem Fahrrad von Bamberg nach Osten und dann entlang der Grenze zu Tschechien und Österreich innerhalb von Bayern bis nach Lindau am Bodensee.

  • Gesamtkilometerkilometer: 1330 km
  • Gesamthöhenmeter: 16.928 Hm
  • Zeitraum: 01.08.2020 bis 14.08.2020
  • Radfahrtage: 12

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1. Tag – Samstag, 01.08.2020

Bamberg, Fränkische Schweiz, Bayreuth, Bischofsgrün, Schneeberg (1051 m), Weißenstadt, Sauerhof (bei Münchberg)

  • Tageskilometer: 140,03 km
  • Durchschnitt: 16,4 km/h
  • Fahrzeit: 8:31 Std.
  • Höhenmeter: 2389 Hm
  • Aktivität bei Strava

Pünktlich um 8 Uhr in der Früh schwinge ich mich auf mein Reiserad und verlasse Bamberg in Richtung Osten. Die Fränkische Schweiz ist in der Frische des Morgens schnell erreicht. Nicht ganz so schnell geht es mit dem ganzen Gepäck, inklusive Zelt, Schlafsack und Kocher den Tiefenellerer Berg hoch. Über Hollfeld weiter nach Bayreuth und endlich raus aus bekanntem Terrain, dass ich auch von meinen vielen Tagestouren schon gut kenne.

Hinter Bayreuth wird es gleich mal happig, der Anstieg in Richtung Weidenberg weist zweistellige Prozentwerte auf. Der Einstieg ins Fichtelgebirge ist dagegen moderat, auf einem alten Bahndamm geht es nach Warmensteinach. Vor Bischofsgrün sogar noch einmal runter. Pause beim Bäcker in Bischöfsgrün und ich darf mich an die Hygiene- und Schutzmaßnahmen unterwegs gewöhnen. Cola und Kuchen gibt es nicht nur für Geld auch eine Kontaktadresse muss man in diesen Zeiten angeben.

So gestärkt geht es zum Höhepunkt der heutigen Etappe: Frankens höchsten Berg, den Schneeberg und zum ersten Mal über 1000 m hoch. Die alte, asphaltierte Militärstraße ist für Autos gesperrt, aber Radfahren kommen an der Schranke vorbei und können sich nach oben strampeln. Der Aussichtsturm bietet einen guten Blick runter auf Oberfranken und rüber nach Thüringen. Die Abfahrt war natürlich schnell, ohne Gegenverkehr auch recht sicher. Über Weißenstadt ging es dann in Richtung Münchberg, bzw. Sauerhof, einem kleinen Flecken westlich von Münchberg. Hier wohnt Ben, ein LEGO-Kumpel und ich darf mein neues Zelt zur ersten Übernachtung in seinem Garten aufschlagen. Stärkung kommt vom Grill und aus der Bierflasche. Abends zeiht ein heftiger Wind auf, nachts muss es dann auch mal geregnet haben. Kein Wunder, nach so einem heißen und schwülen Tag.

2. Tag – Sonntag, 02.08.2020

Sauerhof (bei Münchberg), Weißenstadt, Wunsiedel, Marktredwitz, Tirschenreuth, Bärnau, Flossenbürg

  • Tageskilometer: 123,47 km
  • Durchschnitt: 17,9 km/h
  • Fahrzeit: 6:53 Std.
  • Höhenmeter: 1676 Hm
  • Aktivität bei Strava

Bis Weißenstadt geht es heute wieder fast auf demselben Weg zurück, ich will ja möglichst nahe an die Grenze zu Tschechien ran. Gleichzeitig will ich aber auch heute noch Flossenbürg erreichen, morgen steht dort das Interview auf dem Programm. Die Route verläuft dann doch nicht ganz nah an der Grenze und ich komme durch Wunsiedel (Kaffee+Cola-Stopp) und Marktredwitz. Die Triathleten, deren Strecke ich teilweise befahre, sind natürlich deutlich schneller auf ihren Spezialrädern.

Mein Spezialrad bringt mich weiter nach Südosten an Mitterteich und Tischenreuth vorbei. Ab Tirschenreuth folge ich wieder einem Radweg auf einem alten Bahndamm in Richtung Bärnau. Und in Richtung der dunklen Wolken. Und tatsächlich wird es hinter Bärnau, kurz vor dem Anstieg zum letzten Berg vor Flossenbürg richtig nass und windig. Ein Gewitter zeiht auf und ich suche Schutz an einer Hecke. Das Gewitter zieht weiter, der Regen hört aber nicht auf. Ich überlege und entschließe ich nach einer guten Stunde zum Weiterfahren. Durch den Wald, bergan. Noch 11 km bis Flossenbürg. Aber so im Regen zieht es sich und die spätere Abfahrt ist auch nicht so spaßig. Endlich Flossenbürg, von Norden aus den Bergen kommend geht es gleich an der KZ-Gedenkstätte vorbei und weiter runter in den Ort. Nach einer kurzen Orientierung geht es weiter runter zum Campingplatz. Zum Zeltaufbau lässt der Regen nach und hört sogar ganz auf. So langsam macht sich der Hunger breit. Das Restaurant am Campingplatz gibt es nicht mehr, ich muss also noch mal die 1,5 km hoch in den Ort. Auch da gibt es nicht viel und ich lande in der Pils-Bar. Der Wirt serviert die Reste von seiner Großveranstaltung: Bratwürste, Pommes, Salat. Und berechnet den Preis eines Biers: 2,50 €. WLAN gab's obendrein, aber auch Indoor-Raucher. Corona-Formular? Fehlanzeige!

In der Nacht regnet es weiter, aber das Hilleberg Unna hält das aus.

3. Tag – Montag, 03.08.2020

Flossenbürg – Besuch der KZ-Gedenkstätte

In Flossenbürg stand der Besuch der KZ-Gedenkstätte auf dem Programm. Hier wurde am 9. April 1945 – wenige Wochen vor Befreiung des Lagers – Dietrich Bonhoeffer erhängt. Ich hatte im Rahmen der täglichen Impulse der Gemeinde-Homepage der Erlöserkirche Bamberg die Gelegenheit, zwei Mitarbeiter vor der Kamera zu interviewen … weiterlesen.

4. Tag – Dienstag, 04.08.2020

Flossenbürg, Waldkirch, Georgenberg, Waidhaus, Moosbach, Saubersrieth (Regen, Regen, Regen)

  • Tageskilometer: 45,08 km
  • Durchschnitt: 15,0 km/h
  • Fahrzeit: 3:00 Std.
  • Höhenmeter: 598 Hm
  • Aktivität bei Strava

Die Nacht über hat der Regen auf mein Zelt geprasselt, mal mehr, mal weniger. Am Morgen regnet es immer noch, aber ich will ja eigentlich weiter. Das Frühstück, bestehend aus Müsli (aus der Packtasche) und Joghurt und Bananen (vom gestrigen Edeka-Besuch) wird im Zelt eingenommen. Irgendwie passiert heute morgen alles im Zelt. Nur der Zeltabbau muss im Regen stattfinden und es gibt keine Chance, das Zelt zu trocknen. Die Rezeption am Campingplatz macht erst um 9:00 Uhr auf, also hatte ich es nicht so eilig.

In voller Regenmontur dann gleich mal den Anstieg nach Flossenbürg hoch und auf der anderen Seite wieder runter. Schwitzen und Frieren unter der Regenjacke wechseln sich so bis Waidhaus ab. Zusätzliches Wasser fällt vom Himmel. Nach gerade mal 30 km beschließe ich in Waidhaus, mir eine Unterkunft zu suchen und mich und meine Sachen zu trocknen. Außerdem ist mein integriertes Ladegerät, das Strom vom Dynamo in mein Handy pumpt ausgefallen und der alte Handyakku ist auch nicht mehr der Beste. Die Stimmung ist in Waidhaus aber näher am Nullpunkt als der Akku. Etwas weiter, in Saubersrieth gibt es ein Landgasthof, der spontan ein Zimmer frei hat, Abendessen und Frühstück anbietet. Alles keine Selbstverständlichkeit. Etliche Übernachtungsmöglichkeiten sind geschlossen, belegt oder bieten kein Abendessen an, sind aber irgendwo an der Autobahn.

Der Landgasthof zum Golden Kreuz erweist sich als Glückstreffer, die zusätzlichen 15 Kilometer entlang der Autobahn und durch die verregneten Hügel waren es wert. Warme Dusche, trockenes Zimmer und ein super leckerer Zwiebelrostbraten. Und 10 von 10 Punkten gibt es für den Service. Die gute Frau war ganz allein und hat gut gelaunt das immer voller werdenden Restaurant im Griff gehabt.

5. Tag – Mittwoch, 05.08.2020

Saubersrieth, Pullenried, Schönsee, Weiding, Schönau, Tiefenbach, Treffelstein, Waldmünchen, Ulrichsgrün, Furth im Wald, Eschelkam, Neukirchen beim heiligen Blut, Mais, Buchetbühl, Lam, Lohberghütte, Lohberg, Hindenburgkanzel, Arber/Arbersee, Bretterschachten, Bodenmais

  • Tageskilometer: 113,6 km
  • Durchschnitt: 16,8 km/h
  • Fahrzeit: 6:45 Std.
  • Höhenmeter: 2268 Hm
  • Aktivität bei Strava

Mit etwas Mühe quält sich heute die Sonne durch die tiefhängenden Wolken, aber dann schafft sie es und es wird ein schöner Tag in der Opferpfalz. Bis auf die größeren Orte wie Waldmünchen und Furth im Wald ist es sehr ruhig auf den Straßen und ich komme gut voran. Noch ist es einigermaßen gemäßigt, aber es soll ja noch hoch hinaus gehen.

Durch die Baustelle hinter Furth im Wald lassen mich die Bauarbeiter durch, klappt auch ganz gut mit dem Grünstreifen und so lang ist sie dann auch wieder nicht. Die ein oder andere Sendeanlage auf den umliegenden Bergen verwirren mich. Ist das nun schon der Große Arber? Aber nein, ich muss erstmal noch ein ganzes Stück hoch. Hinter Lohberg geht es dann zur Sache und hoch auf über 1000 m. An den Talstationen der Seilbahnen und am Arbersee sind die Parkplätze gut gefüllt. Fahrradfahrer treffe ich hingegen kaum. Vom Arber direkt nur noch runter nach Bodenmais … das war leider eine Fehleinschätzung und bis Bretterschachten ging es noch mal ein gutes Stück den Berg hoch.

Der nagelneue Campingplatz in Bodenmais, ähm, nicht Platz, Ressort nennt sich das, war schnell gefunden. Camper parken hier nicht im Grünen, sondern auf sauber angelegten "Parkplätzen", die Sanitäranlagen sind luxuriös. Aber die "Wiese" für die Zelt-Nutzer ist einfach zu weit weg von den Sanitäranlagen. Und die erst kürzlich zurückliegende Neueröffnung merkt man der Zeltwiese auch an: Mehr Matsch als Gras, zumal es auch hier in den letzten Tagen ordentlich geschüttet hat. Ich beschließe das Zelt lieber auf dem Schotterweg aufzubauen. Das Zelt ist zum Glück freistehend und kann auch ohne Heringe aufgebaut werden. Zum Abendessen radel ich noch mal zurück nach Bodenmais und finde in einer Seitenstraße auch ein ortsübliches Restaurant mit einem zunächst grantigen Wirt. Aber mit der Rechnung gab's einen Schnaps.

6. Tag – Donnerstag, 06.08.2020

Bodenmais, Zwiesel, Frauenau, Althütte, Klingenbrunn, Spiegelau, Nationalparkstraße, Mauth, Mitterfirmiansreut, Bischofsreut, Haidmühle, Neureichenau, Breitenberg, Thalberg, Wegscheid

  • Tageskilometer: 123,65 km
  • Durchschnitt: 18,0 km/h
  • Fahrzeit: 6:52 Std.
  • Höhenmeter: 2034 Hm
  • Aktivität bei Strava

Endlich eine trockene Nacht im Zelt. Um die Sonne zum Trocknen des Kondenswassers im Zelt nutzen zu können, ziehe ich mit allem vom schattigen Schotterweg auf den Parkplatz am Haupteingang um. Frühstück gibt es beim Bäcker in Bodenmais, leider nur trockene Brezen und Brötchen. Ein Stück die Straße weiter hoch wäre ein besser ausgestatteter Bäcker gewesen. Naja, egal. Rauf auf's Rad und weiter Richtung Südosten.

Heute machte ich Bekanntschaft mit dem ein oder anderen Trucker. Die Bundesstraße nach Tschechien war gesperrt und so mussten viele Auto- und Lkw-Fahrer auf Nebenstraßen ausweichen. Störende Radfahrer werden dann eben nur mit Minimalabstand überholt und dem ein oder anderen Trucker dürfte nicht bewusst sein, wie lang sein Gefährt ist und er doch eher wieder einscheren sollten, wenn auch der Anhänger an mir vorbei ist. Zum Glück ist nichts passiert, aber die an sich ruhige und idyllische Gegend konnte ich dann erst am Ende des Tages genießen als der Verkehr weniger wurde. Ein Campingplatz mit Platzgarantie lag nicht auf meinem Weg und so hoffte ich, in Wegscheid eine Unterkunft zu finden. Aber auch hier: dauerhaft geschlossen oder "heute Ruhetag". Aber das riesige All-Inklusiv-Hotel hatte noch ein Zimmer für mich und so kam ich mit meinem Armbändchen in den zweifelhaften Genuss so einer Massenabfertigung. Hier sind 1,5 m Abstand eher 1,5 cm. Kulinarisch kann eine Siemens Kantine deutlich mehr und dort ist auch die Atmosphäre deutlich entspannter.

7. Tag – Freitag, 07.08.2020

Wegscheid, Rannasee, Gottsdorf, Donau bis Passau, Inntal bis Kirchdorf, Burghausen, Emmerting

  • Tageskilometer: 149,97 km
  • Durchschnitt: 20,1 km/h
  • Fahrzeit: 7:28 Std.
  • Höhenmeter: 753 Hm
  • Aktivität bei Strava

Heute erreiche ich den östlichsten Punkt meiner Tour. Nach Wegscheid sind es nur noch wenige Kilometer in Richtung Donau. Ich nehme die letzte Straße, die sich auf deutscher Seite zum tief eingeschnitten Fluss runter windet. Welche ein Genuss gleich am frühen Morgen. Kehre um Kehre komme ich der Donau näher. Flussaufwärts geht es nun entlang des Donauradwegs nach Passau. Hier begegnen mir deutlich mehr Reisende auf Fahrrädern als in der Oberpfalz und im Bayrischen Wald. Nach Passau geht es am Inn weiter, zunächst noch in Deutschland, dann für ein paar Kilometer auf der anderen Seite in Österreich. Zurück in Deutschland erwartet mich das langweiligste Stück der ganzen Tour. Auf dem Damm, der den Inn in sein breites Flussbett zwingt geht es über den Schotterweg ohne Abwechslung in Richtung Südwesten. Die Orte liegen alle weit ab vom Fluss und so bleibt nur dieser endlose Weg auf dem Damm.

Die Mittagspause besteht aus einem alkoholfreien Weißbier, die Küche im Gasthof hat nur bis 14:00 Uhr geöffnet, ich komme um 13:58 Uhr dort an. Also schnell weiter. Dafür wird es jetzt etwas abwechslungsreicher und irgendwann kündigen die Schlote am Horizont das Chemiedreieck in Burghausen an. Zwischenzeitlich versuche ich immer wieder, jemanden am Campingplatz südlich von Burghausen zu erreichen, muss mich aber mit dem Anrufbeantworter begnügen. In Burghausen stehen schon 140 km auf dem Tacho und die Frage nach einer Unterkunft für die Nacht drängt sich immer mehr auf. Auf booking.com finde ich ein Gasthof in der Emmerting, ein paar Kilometer außerhalb. Also raus aus der Stadt und wieder ein Stück zurück. Zimmer, Dusche, Abendessen und das Frühstück im Gasthof Schwarz lassen keine Wünsche offen.

8. Tag – Samstag, 08.08.2020

Emmerting, Burghausen, Burgkirchen an der Alz, Garching an der Alz, Tacherting, Trostberg, Palling, Traching am See, Waging am See, Petting, Saaldorf

  • Tageskilometer: 92,44 km
  • Durchschnitt: 20,2 km/h
  • Fahrzeit: 4:34 Std.
  • Höhenmeter: 643 Hm
  • Aktivität bei Strava

Den heutigen Samstag nutze in Burghausen für verschiedene Besorgungen. Das Zelt und der Kocher werden nach Hause geschickt, den Rest der Tour werde ich in Gasthöfen übernachten. Das ist logistisch so viel einfacher als eine Übernachtung auf einem Campingplatz. Dafür werden Bargeld und Sonnenschutz aufgefüllt. Und eine kleine Powerbank löst mein Energieproblem. Sogar die Unterkunft in Saaldorf bei Freilassing ist auch schon vorgebucht.

Fernab des Inn verlasse ich Burghausen in Richtung Burgkirchen und folge dann der Alz für eine ganze Weile. In Waging am See, jedoch nicht am See, sondern in der Ortsmitte mache ich eine letzte Rast kurz vor dem Ende der heutigen Etappe. Auf dem Weg nach Saaldorf tauchen am rechten Bildrand der Sonnenbrille die ersten Berge der Alpen auf. Teil 2 meiner Tour kann beginnen.

9. Tag – Sonntag, 09.08.2020

Sonntagsrunde: Saaldorf, Freilassing, Salzburg, Marktschellenberg, Unterau, Roßfeld-Panoramastraße und zurück

  • Tageskilometer: 93,14 km
  • Durchschnitt: 18,1 km/h
  • Fahrzeit: 5:08 Std.
  • Höhenmeter: 1325 Hm
  • Aktivität bei Strava

Der Sonnenhof ist schon etwas in die Jahre gekommen und die zahllosen Fliegen sind nervig. Aber das Essen und die freundlichen Mitarbeiterinnen machen dieses Manko wett. Und so starte ich an diesem Sonntag fast ohne Gepäck zu einer Rundtour zum Roßfeld.

Der direkte Weg führt über Freilassing und Salzburg in Richtung Berchtesgarden. In Unterau beginnt sie dann, die Roßfeld-Panoramastraße. Knapp über 1000 m Anstieg warten auf mich und auf den unteren Kilometern geht es auch gleich richtig zur Sache. Nett, wenn dann die Autos im Gegenverkehr ganz unbeeindruckt vom Fahrradverkehr ihren Überholvorgang abschließen. Unverantwortlich. An der Mautstelle darf ich ohne zu bezahlen passieren und kämpfe mich weiter den Berg hoch. Mit 1560 m Höhe ist diese Straße eine der höchsten befahrbaren Straßen Deutschlands. Eine echte Passstraße ist sie allerdings nicht, da man nicht wirklich über einen Berg fährt sondern nur eine Runde dreht und nach der Abfahrt auf der südlichen Rampe fast an gleicher Stelle auf die Straße im Tal stößt, wie man sie beim Einstieg verlassen hat.

Die Straße auf der Abfahrt ist ab der Mautstelle gesperrt, im Wald wurde ein Blindgänger gefunden, der noch nicht entschärft ist. Der Polizist lässt mich aber durch und ich erspare mir einen erneuten Anstieg. "Aber zügig durchfahren und die Straße nicht verlassen!" Klar, kein Problem, ein Downhill auf einer abgesperrten Bergstraße hat man auch nicht alle Tage und ich kann alle Kurven auf der Ideallinie durchfahren. Der Rückweg nach Saaldorf ist unspektakulär und so gibt es zum Nachmittagskaffee ein schönes Stück Kuchen und ein kaltes Bier.

10. Tag – Montag, 10.08.2020

Saaldorf, Mitterfelden, Piding, Bad Reichenhall, Thumsee, B305, Weitsee, Reit im Winkl, Kössen/AT, Walchsee/AT, Durchholzen/AT, Sebi/AT, Niederndorf bei Kufstein/AT, Oberaudorf, Auerbach, Tatzelwurm, Sudelfeldpass (1123 m), Berghotel Sudelfeld

  • Tageskilometer: 112,91 km
  • Durchschnitt: 18,0 km/h
  • Fahrzeit: 6:17 Std.
  • Höhenmeter: 1657 Hm
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Heute geht es mit dem reduzierten Gepäck weiter von Ost nach West durch die bayrischen Alpen. Nach Bad Reichenhall wartet der erste undramatische Anstieg hoch zum Thumsee auf mich, dann folge ich der B305, vorbei am Weitsee. Reit im Winkel trägt seinen Namen zu Recht, hier in einer der südlichsten Ecken Deutschlands ist schon fast alles Österreich. Die eiskalte Cola ist einfach nur köstlich und liefert Zucker für die nächsten Kilometer. Über Österreich kürze ich ab und fahre Richtung Kufstein/Oberaudorf.

Jetzt wartet nur noch ein letzter Anstieg auf mich. Das Zimmer im Berghotel am Sudelfeld ist schon reserviert, liegt aber oben am Pass. Und wieder erweisen sich die ersten Kilometer im Anstieg als besonders anstrengend, da steil und sehr sonnig. Meter um Meter geht es weiter und am Tatzelwurm meint eine Wanderin: "Kein E-Bike?! Respekt!" Das Sudelfeld und seine touristische Infrastruktur sind eher auf Wintersport eingestellt, aber ich werde auch im Sommer professionell empfangen und versorgt. Von der Hitzewelle, die sich gerade im Land breit macht, merkt man hier oben jedenfalls nicht so viel, es ist sehr angenehm und als die Sonne hinter den Bergen verschwindet ist sogar ein Longsleeve eine gute Wahl.

11. Tag – Dienstag, 11.08.2020

Berghotel Sudelfeld, Bayrischzell, Aurach, Spitzingsee, Valepp, Rottach-Egern, Kreuth, Wildbad Kreuth, Sylvenstein-Stausee, Vorderriss, Wallgau, Krün

  • Tageskilometer: 103,14 km
  • Durchschnitt: 20,1 km/h
  • Fahrzeit: 5:07 Std.
  • Höhenmeter: 1137 Hm
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Eine Bergankunft hat zur Folge, dass der nächste Tag mit einer Abfahrt beginnt. Aber runter nach Bayrischzell sind es nur knappe 3 Kilometer. Dafür wartet kurz danach die Auffahrt zum Spitzingsee auf mich. Die sah erst harmlos aus, log sich dann aber doch eine ganze Weile durch den Wald den Berg hoch. Der Spitzingsee stellte sich als weiterer touristischer Hotspot heraus. Also schnell weiter, die erste kleine Mautstraße führt autofrei nach Valepp, wieder kurz vor Österreich und nach einer scharfen Rechtskurve wieder in nördliche Richtung nach Rotach-Egern. Wunderschön hier, verkehrsarm auf feinem Asphalt durch tief eingeschnittene Berge - Radlerherz was willst Du mehr?

Rund um Rotach-Egern und Wildbad Kreuth führen andere Touristen ihre E-Bikes spazieren. Radreisende oder Rennradfahrer sehe ich kaum. Zwischen Vorderriss und Walgau führt eine weitere Mautstraße an der Isar entlang. Hier sind ein paar Autos und Motorräder unterwegs aber die stören kaum. Die Isar führt wenig Wasser und vereinzelt suchen Touristen eine fische Abkühlung und ein schattiges Plätzchen. Meine Abkühlung muss noch warten, aber bis Krün ist es von Wallgau nur ein Katzensprung. Ich dreh sogar noch eine Schleife, um die 100 km für den heutigen Tag voll zu kriegen. Im Gasthof Schöttkarspitz werde ich zunächst in ein großes Doppelzimmer geschickt, muss dann aber doch eine Etage höher und bekomme ein kleines Zimmer mit Dusche und WC auf der Etage. Dafür gibt es dann aber auch einen kleinen Preisnachlass.

12. Tag – Mittwoch, 12.08.2020

Krün, Garmisch-Partenkirchen, Oberau, Ettal, Oberammergau, Altenau, Königsstraße, Trauchgau, Schwangau, Füssen, Weißensee, Nesselwang, Wertach, Jungholz/Hotel Pfeiffermühle

  • Tageskilometer: 111,59 km
  • Durchschnitt: 19,5 km/h
  • Fahrzeit: 5:43 Std.
  • Höhenmeter: 1153 Hm
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Um 8:45 Uhr sitze ich heute schon im Sattel und genieße das Alpenpanorama auf dem Weg runter nach Garmisch-Partenkirchen. So viel Großstadt bin ich gar nicht mehr gewohnt und durchfahre die beiden, in sich verwachsenen Städte in Richtung Norden. In Oberau wartet ein kurzer, knackiger Anstieg auf mich. Die Schilder zum Radweg nach Ettal weisen in den Wald und auf unbefestigte Wege. Ich bleibe also auf der Straße, auch wenn hier relativ viel Verkehr herrscht. Aber die meisten sind vernünftig unterwegs und halten genug Abstand beim Überholen. Keine Festspiele in Oberammergau, also mal wieder nur eine schnelle Durchfahrt. Die Beine sind in guter Verfassung und ich überhole einen Mountainbiker. Der hängt sich dann in meinen Windschatten und in Altenau gibt er mir noch ein paar Tipps, wie ich den Einstieg in den Wald auf die Königsstraße finden kann. Auf dem Bodensee-Königsee-Radweg geht es auf geschotterten Wegen durch den Wald in Richtung Allgäu und Schloss Neuschwanstein.

Nach dem Waldstück wechselt die Szenerie, der Blick kann wieder in die Ferne schweifen. Zur Linken die hohen Berge der Alpen, zur Rechten die sanften Allgäuer Hügel und mitten drin Seen und saftige Wiesen. So stellen sich Modelleisenbahner ihre Traumlandschaft vor. Die Sicht ist nicht ganz klar, das Schloss Neuschwanstein ist nur erahnen, aber ja, da ist es! Ich ziehe dem Schloss aber einen Bäckereibesuch in Schwangau vor und gut gestärkt geht es weiter durch Füssen in Richtung Nesselwand und Wertach. Die aus der Ferne so sanft ausschauenden Hügel des Allgäu erweisen sich aber als durchaus herausfordernd. Immer wieder geht es für einen Kilometer kräftig bergan, um gleich danach wieder die gerade erreichte Höhe wieder in einer Schussfahrt zu verlassen. Auf dem Weg nach Lindau will ich unbedingt noch die Abfahrt vom Oberjoch nach Bad Hindelang mitnehmen (dort bin ich 2014 schon einmal hochgefahren). Ich steure also von hinten auf Oberjoch zu und habe wenige Kilometer vor Oberjoch die Pfeiffermühle gefunden, die mir ein Quartier für die Nacht und eine riesige Portion Käss-Spatzen verkauft.

13. Tag – Donnerstag, 13.08.2020

Jungholz/Hotel Pfeiffermühle, Oberjoch, Bad Hindelang, Sonthofen, Immenstadt, Großer Alpsee, Kalzhofen, Simmerberg, Weiler i. Allgäu, Neuhaus, Scheidegg, Lindau am Bodensee

  • Tageskilometer: 102,25 km
  • Durchschnitt: 20,8 km/h
  • Fahrzeit: 4:54 Std.
  • Höhenmeter: 1021 Hm
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Es regnet an diesem Morgen. Der Wetterumschwung kündigt sich an. Ich warte noch eine Weile ab, die geplanten Etappen mit jeweils ca. 100 km schaffe ich auch gut, wenn ich nicht gleich um 9 Uhr losfahre. Und das Hotel in Lindau ist auch schon gebucht. Ganz trocken ist es nicht, aber die Regenhose kann in der Tasche blieben und auf der Abfahrt kurz vor Bad Hindelang ist es auch schon wieder warm genug, um ohne Windjacke weiter zu fahren. Die Strecke über Sonthofen und Immenstadt zum Großen Alpsee ist mir nicht ungekannt, neues Terrain erschließt sich mir erst ab dem Großen Alpsee und weiter in westlicher Richtung durch das Allgäu. Ein letzter Abstecher nach Süden führt mich bis kurz vor Österreich nach Neuhaus. Und ein letzter langer Anstieg hoch nach Scheidegg. Wieder muss eine Bäckerei mir zuckerhaltige Getränke und Backwaren verkaufen. Nach Lindau geht es jetzt nur noch bergab und die letzten Kilometer des Tages sind schnell geschafft. Beweisfoto am Hafen in Lindau muss sein, auch wenn es mir dort eigentlich zu voll war und vom See her ein Regenschauer immer näher kam.

14. Tag – Freitag, 14.08.2020

Schienenersatzverkehr Lindau - Hergatz (Regen) und Deutsche Bahn von Hergatz nach Bamberg

  • Tageskilometer: 19,5 km
  • Durchschnitt: 17,3 km/h
  • Fahrzeit: 1:07 Std.
  • Höhenmeter: 1850 Hm
  • Aktivität bei Strava

Die Tour endet mit einer kleinen Fahrt durch den Regen nach Hergatz. Ab Lindau fahren keine Züge und diese Art des Schienenersatzverkehrs ist immer noch die schnellste. Ich verpasse die Ideallinie und fahre zum Abschluss der Tour doch noch kurz durch ein anderes Bundesland: Baden-Württemberg.